Die Neue …und wie Dich der Gedanke an sie weniger quält

InAlleinerziehend, Beziehungsgewalt, Partnerschaft, Trennung
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Bei meiner Trennung hatte ich eine Horrorvorstellung: Die „Neue“.

Auch wenn mir völlig klar war, dass es keine Alternative zur Trennung gab, stellte ich es mir schrecklich vor, mit dem strahlenden Glück einer neuen Liebe meines Ex konfrontiert zu werden. Umgekehrt ging ich in keinster Weise davon aus, dass ich diejenige sein könnte, die einen neuen Mann und vielleicht sogar das Glück finden würde. Ich war (bin?) mit dem Thema durch.

Vor ein paar Tagen hatte ich Kontakt mit einer Frau, die sich genau mit diesen Gefühlen herumschlägt und der diese Vorstellungen Qualen bereiten. Meine inneren Fragen waren damals ganz ähnlich wie ihre:

Was ist, wenn die Neue mit ihm glücklich wird?

Was ist, wenn er nur mit mir diese „Probleme“ hat?

Was ist, wenn es stimmt, was er immer wieder sagt: ICH bin das „Problem“ – ICH kann ihn nicht (richtig) lieben – ICH bin beziehungsunfähig?

Was ist, wenn ich immer wieder mit der Neuen konfrontiert werde und mir anhören muss, wie schön und so viel besser es mit ihr ist?

Ich habe lange gebraucht, um über diese quälerischen Gedanken hinwegzukommen. Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich den Charakter unserer Beziehung noch nicht vollständig erkannt. Ich musste erst einmal rückfällig werden, dann googlen, ob es Veränderungsmöglichkeiten gibt, wenn einmal Gewalt in der Beziehung ausgebrochen ist, und schließlich bei re-empowerment landen – ein Glücksfall für mich. Daraufhin habe ich viel gelesen über das Thema und mich intensiv mit mir selbst, meinen Beziehungen und meiner familiären Vergangenheit beschäftigt – bis heute.

Folgende Erkenntniss habe ich aus diesen Selbststudien gewonnen:

Es ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich das Beziehungsmuster wiederholt bei Menschen, die zu (seelischer oder körperlicher) Beziehungsgewalt neigen – auch bei neuen Partnern.

Als mir das immer bewusster wurde, drehte sich langsam meine innere Einstellung. Die Neue tat mir leid. Ich hatte das Bedürfnis, sie zu warnen. Gleichzeitig war mir klar, dass das nicht ging und dass sie sicher nicht empfänglich wäre für meine Warnungen. Ich wäre das auch nicht gewesen am Anfang. Durch diese Erkenntisse wurde mir auch immer klarer, dass überhaupt kein Grund bestand, eifersüchtig zu werden und sie und ihn zu beneiden.

Ich festigte in mir die Überzeugung, dass es gut war, dass ich glimpflich entkommen war.

Diese Haltung erfordert sehr viel Disziplin und eine konstante Rückerinnerung an das, was geschehen ist. Daher habe ich damals sehr viel aufgeschrieben, um es nicht zu vergessen, und ich hatte Tagebuchaufzeichnungen aus den Beziehungsjahren. Das war wichtig. Auch heute noch muss ich mich immer und immer wieder erinnern, um zu einer gesunden Haltung zurückzufinden.

Es ist durch die Rückversicherung mit Erinnerungen auch möglich weiterzudenken, und das sind Gedanken, die auch für „normale“ Trennungen hilfreich sein können:

Ich bin froh, dass ich nicht mehr in so einer destruktiven Beziehung hänge.

Es ist egal, wer Schuld ist. MIR geht es besser so.

Ob er mit einer anderen besser zurechtkommt, kümmert mich nicht. ICH kam mit ihm NICHT zurecht.

Dass ich mit ihm nicht zurechtkam, ist kein Zeichen dafür, dass ich beziehungsunfähig bin und einen anderen nicht lieben kann.

Ich bin es mir Wert, so zu leben, dass es mir gut geht – ob allein, oder in einer Partnerschaft.

Ich bin nicht für den anderen verantwortlich. Er ist erwachsen.

Ich darf bestimmen, welche Menschen ich in mein Leben lasse und welche gehen müssen.

Meine Grenzen bestimme ich.

Ich darf scheitern und neu beginnen.

Das alles sind Gedanken, die hoffentlich auch Dich zurückführen können zu einer inneren Haltung, die Du wahrscheinlich während der Beziehung und vielleicht sogar Dein ganzes bisheriges Leben verloren hattest. Dahinter steckt die Gewissheit, wertvoll zu sein, Glück verdient zu haben, selbst bestimmen zu dürfen, wie Du leben möchtest, Deine Grenzen zu setzen und überhaupt erst einmal ein Gefühl für Dich selbst und Deinen Wert zurückzugewinnen. Es stärkt auch den Glauben, dass Du das Recht hattest, eine solche Entscheidung zu treffen und zu gehen.

Alles in allem muss ich dennoch feststellen, dass es weh tut, wenn ich das Gefühl habe, da ist eine Neue. Die Vorstellung ist immer noch schmerzhaft für mich und macht mich unsicher. Aber ich erlaube mir diese Gefühle und erinnere mich gleichzeitig ganz bewusst an die Gründe für meine Entscheidung.

Ich möchte Dir am Ende ans Herz legen, diesen Text zu lesen, wenn Du Dich weiterhin mit Ängsten rund um die Neue quälst:
https://www.re-empowerment.de/haeusliche-gewalt/trennung/die-eine-andere/


Bild: Pixabay, rythmuswege

1 Kommentar

  1. Ein sehr schmerzhaftes Thema und danke für den Hinweis auf Re-Empowertment…es kennen wahrscheinlich immer noch nicht genug Frauen.
    Der Text hilft -manchmal.
    Aber ich hätte nie gedacht,daß es mal überhaupt so weh tun könnte.
    Sei lieb gegrüßt – Anja

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