Die Spreu vom Weizen Wenn sich Freunde und Verwandte gegen Dich stellen

InAlleinerziehend, Beziehungsgewalt, Trennung, Victim-Blaming
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Wenn Du Dich aus einer Gewaltbeziehung oder aus einer destruktiven Beziehung befreist, wird Dir nach einiger Zeit sehr deutlich werden, welche Menschen Dich wirklich unterstützen und hinter Dir stehen.

  • Es kann sein, dass Du nach einer solchen Trennung sehr einsam wirst.
  • Es kann sein, dass Du Unterstützung von Menschen erfährst, von denen Du das nie erwartet hättest.
  • Es kann sein, dass ein Bruch mit Deiner Familie folgt.
  • Es kann sein, dass Eure Familie enger zusammenhält als vorher.
  • Es kann sein, dass Dir nahestehende Menschen sich plötzlich mit Deinem Expartner solidarisieren.
  • Es kann sein, dass Du über andere Menschen viel von Deinem Expartner erfährst, das Deine Entscheidung bestärkt.

Leider kommt es immer wieder vor, dass Frauen, die diesen schwierigen Schritt wagen, auch von nahestehenden Menschen viel Unverständnis oder sogar Ablehnung erfahren. Manchmal liegt das daran, dass die meisten Menschen die Dynamik von Gewaltbeziehungen nicht kennen. Manchmal liegt es aber auch daran, dass Dein Expartner sich als Opfer darstellt. Gerade wenn Ihr gemeinsame Kinder habt, hält sich das Verständnis der Außenwelt in Grenzen, wenn Du Dich trennst.

  • Du wirst in Deinen Schilderungen in Frage gestellt.
  • Du wirst mitschuldig und mitverantwortlich für das Geschehen gemacht.
  • Man sagt Dir vielleicht, Du sollst nicht so schlecht über den Vater Deiner Kinder reden.
  • Man gibt Dir zu bedenken, dass Du den Kindern den Vater nimmst.
  • Dir wird vorgeworfen, die Familie zu zerstören oder den guten Ruf der gesamten Familie zu gefährden.
  • Dir wird Angst gemacht, wie es denn nun weitergehen soll.
  • Dir werden z.B. von den Schwiegereltern oder sogar von Deinen eigenen Eltern Steine in den Weg gelegt.
  • Freunde von Dir treffen sich weiter mit dem Expartner und verhalten sich unloyal Dir gegenüber.
  • Du wirst mit Deinen Schwierigkeiten nicht ernst genommen.
  • Dir wird gesagt, dass man ja auch Verständnis für den Expartner haben muss.

Sicher kennst Du noch weitere Beispiele.

Eine Trennung aus einer destruktiven und gewaltvollen Beziehung ist sehr, sehr schwer. Noch schwieriger wird es, wenn Du wenig Unterstützung und Rückhalt von Dir nahestehenden Menschen erfährst. Wenn Du Dich ständig für Deine Entscheidung verteidigen und rechtfertigen musst, kostet das sehr viel Kraft.

Es kann außerdem sein, dass Du Dich selbst immer mehr in Frage stellst und nach einiger Zeit nicht mehr hinter Deiner Entscheidung stehst. Vielleicht vergisst, verdrängst oder verharmlost Du manche Erlebnisse mit Deinem Expartner und erinnerst Dich nur noch an die schönen Zeiten. Oder Du sehnst Dich nach Eurem Familienleben zurück. Oder Du machst Dir Sorgen um Eure Kinder. Oder Du hast Angst vor finanziellen Einbußen und dass Du allein nicht zurechtkommst. All das fördert den Wunsch, zum gewalttätigen Expartner zurückzukehren. Nicht wenige Frauen tun das dann auch und brauchen mehrere Anläufe, um sich wirklich zu lösen.

Eigentlich wäre es also wünschenswert, dass eine Frau, die sich aus einer Gewaltbeziehung löst, so viel und so bedingungslose und loyale Rückendeckung erhält wie nur irgend möglich. Sie braucht Bestärkung, dass ihre Entscheidung richtig und der einzige Weg war. Sie braucht vielleicht auch Hilfe und Unterstützung im Alltag und bei der Organisation. Evtl. braucht sie auch finanzielle oder juristische Unterstützung. Und natürlich brauchen insbesondere auch die Kinder Menschen, die sie in dieser schwierigen Zeit stützen.

Die Trennungsphase stellt für viele Frauen eine Zäsur ihres gesamten Lebens und ihrer Beziehungen dar. Denn sie merken jetzt sehr deutlich, wer tatsächlich aufrichtig hinter ihnen steht. Wenn die Verarbeitung der Gewaltbeziehung weiterläuft – im Rahmen einer Therapie zum Beispiel – werden oft auch missbräuchliche Muster innerhalb der eigenen Familiengeschichte deutlich. Dadurch kann eine viel größere Bewusstheit für übergriffige Verhaltensweisen insgesamt entstehen. Die Entwicklung und das Ernstnehmen dieser Bewusstheit sind sehr wichtig, um sich vor weiterem Missbrauch zu schützen. Es kann also sein, dass Du merkst, dass Du Dich von sehr vielen Menschen, die Dich bisher begleitet haben, lösen musst. Oder Du merkst umgekehrt, dass sich Menschen von Dir lösen.

Ich möchte Dich darin bestärken, dass Du mutig auf Deinem Weg weiter fortschreitest, wenn Du es geschafft hast, Dich zu trennen. Viele Frauen, die denselben Schritt gewagt haben, kennen die Einsamkeit, die damit einhergehen kann. Gleichzeitig ist das aber auch eine Chance, auch andere schädliche Beziehungen hinter Dir zu lassen und nur noch mit den Menschen zusammenzusein, die Dir wirklich zugetan sind. Selbst wenn Du eine Zeit lang sehr einsam bist, kannst Du neue Menschen kennenlernen, die besser zu Deiner neuen Lebensphase passen.

Eine Trennung ist nicht das Ende von allem. Stattdessen beweist Du wirklich großen Mut, wenn Du diesen Schritt wagst, um Dich zu lösen und zu befreien. Menschen, die Dich darin nicht bestärken und unterstützen und stattdessen Deinen Expartner hofieren, darfst Du hinter Dir lassen. Und: Selbst wenn das nahe Verwandte sind, z.B. die Schwiegereltern oder die eigenen Eltern oder Geschwister: Es ist Dein gutes Recht, für Dich einzustehen, wenn Du von diesen Menschen schlecht behandelt wirst. Es ist nicht nötig, dass Du Schuldgefühle diesen Menschen gegenüber entwickelst, wenn Du Dich löst.

Stattdessen ist es ganz wichtig, dass Du Loyalität und Freundschaft Dir selbst gegenüber kultivierst. Von dieser Warte aus kannst Du leichter und unabhängiger entscheiden, welche Menschen Dir wirklich gut tun. Sieh diese Zeit als Chance für Dich, um selbst zu bestimmen, wem Du weiterhin vertrauen kannst und möchtest und wem Du Deine Energie und Zeit schenken möchtest.


Bild: pixabay, AlainAudet

 

3 Kommentar

  1. Oh Rona, wenn Du wüstest, wie gut mir Deine Artikel tun!
    Ich habe alle verloren. Meine Eltern waren selbst sehr gewalttätig, ich wurde quasi in häusliche Gewalt hinein geboren. Meine Mutter eine Narzistin, der Vater ein Kolleriker, beide haben uns ständig geschlagen. Für mich war es normal, ich kannte keine andere Familien und das normale Leben. Mir wurde so viel verboten, dass ich nicht sehen konnte wie es in anderen Familien sein kann. Alle Verwandten und enge Freunde haben zu Allem geschwiegen und es somit als etwas normales vermittelt. Mir wurde permanent meine extreme Sensibilität vorgeworfen. Irgendwie geriet ich später trotz allem auch noch an meinen Mann, der meine Kinder und mich extrem manipulierte und nach aussen hin das arme Opfer spielte. In zwanzig Jahren wurde er so sicher in seiner Position, dass er uns gegenüber immer gewalttätiger wurde. Er wusste ja, dass er uns mittlerweile von echten Freunden komplett isoliert hatte.
    Ich hatte nichts mehr. Auf sämtlichen Papieren stand unmerklich sein Name. Erst nach der Trennung durch die Polizei habe ich es bemerkt, er hatte mich immer gut beschäftigt um überhaupt zu übrrleben. Ebenso hatte er alle meine echten Freunde schlecht gemacht und vertrieben. Alle anderen Verwandten wurden nach der Trennung sofort von ihm kontaktiert und ebenso gegen mich geimpft.
    Ich stand und stehe auch nach zwei Jahre immer noch ohne alles da. Mutterseelenallein, alleinerziehend, von Hartz4 abhängig. Weil er trotz 90.000 Euro Jahreseinkommen laut Jugendamt nur 1.000 Euro Lebensunterhalt für sich hat. Er zahlt nicht einmal den Mindestunterhalt. Ich bin seit Kurzen geschieden und habe lediglich die uralten kaputten Möbel für meine 4 Kinder und mich bekommen. Er kassiert den Bausparvertrag, alle Lebensversicherungen der Kinder, denen ich wenigstens einen kleinen Anteil davon in ein paar Jahren erstreiten konnte. Im Gegenzug muss ich mich an seinen 10.000 Euro Steuerschuld beteiligen und seine angehäuften Schulden mittragen und das mit Hartz4. Demnächst erhalte ich deshalb eine Zahlungsaufforderung vom Finanzamt.
    Ich habe das große Glück mich von „meiner“ Familie, (angeblich unseren)seinen Freunden und seiner Familie als psychisch krank beschimpfen lassen. Ich habe dadurch niemanden mehr an meiner Seite und keine Zeit neben Job, Kindern, Haushalt, Schule, Gerichts-und Anwaltsterminen auch noch Freundschaften zu schließen.
    Die Kinder wollen ihn alle nicht mehr sehen und wir haben Gott sei Dank Umgangsausschluss erkämpft, was er natürlich nicht akzeptiert. Leider haben wir trotzdem geteiltes Sorgerecht. Durch seine aggressive Anwältin bekommt er ständig Verfahrenskostenbeihilfe und so wurde nach 2 Jahren Kampf vor Gericht nun schon wieder mitgeteilt, dass es im neuen Jahr gleich wieder eine Gerichtsverhandlung wegen des Umgangsrecht geben wird.
    Ich habe immer noch Angst nicht mehr weiter durchhalten zu können. Aber der gewonnene Frieden in jetzt „meiner!“ Wohnung in jetzt „meinem!“ Leben hält mich auf dem von mir eingeschlagenem Weg. Ich hatte im Sommer das Glück nach einer enorm schweren Depression jetzt eine gute Hausärztin gefunden zu haben, die mir mit einer einzigen Spritze B12 und ihrem Beistand wieder zu neuer Kraft verholfen hat. Ich habe mir vorgenommen, meine schlechte Psychologin nicht mehr zu treffen. Auch werde ich weiter wieder mehr auf mein Bauchgefühl hören und mir so immer mehr meine „eigene“ Meinung erlauben. Vielleicht schaffe ich es irgendwann zu mehr Selbstbewusstsein und einem Leben ohne Angst und Unsicherheiten. Ich schaffe es jetzt auch schon immer öfter mich von unguten Beziehungen zu lösen und etwas klarere Grenzen zu setzen. Auch wenn es noch immer ganz kleine sind.
    Es ist wirklich, wirklich schlimm so viel Verantwortung und Entscheidungen fürs zukünftige Leben zu treffen mit niemanden an der Seite. Aber durch diesen und zahlreichen Deiner Artikel liebe Rona habe ich nicht mehr so sehr das Gefühl alles selbst verursacht zu haben. Ich fühle mich endlich verstanden und nicht mehr so einsam.
    Ich danke Dir von Herzen!!!

    • Liebe Susanne,
      ich bin sehr betroffen über Deine Geschichte. Es ist wirklich furchtbar und sicher sehr belastend, was Du erlebst. Daher freue ich mich besonders, dass meine Texte Dir zumindest ein wenig helfen. Das ist für mich auch ein sehr wichtiges Ziel: Frauen wie Dich zu stärken. Du hast schon sehr, sehr viel geschafft und hast Dir jetzt über die Hausärztin Unterstützung geholt, die für Dich passt. Das ist sehr wichtig. Und auch Deine eigene Meinung, Dein eigenes Bauchgefühl, Dein eigenes Leben ist ganz, ganz wichtig. Kultiviere das für Dich, so gut es geht. Steh zu Dir selbst. Sei Deine beste Freundin. Und lob Dich öfter mal. Du leistest viel! Ich sende Dir ganz viel Kraft für Dein neues Jahr!
      Liebe Grüße von Rona

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