Ein Tag ohne mich – ein Tag ohne Frauen Heute ist #Weltfrauentag #MeinTagohnemich

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Heute morgen habe ich meinen beiden Söhnen erklärt, dass heute #Weltfrauentag ist und dass ich eigentlich streiken sollte. Wir haben darüber nachgedacht, was das heißt. Die Jungs koppelten an Frauenstreik beide erst einmal schulfrei, Freizeit und Ferien (was ja schon bezeichnend ist). Der Große listete dann auf, was alles nicht laufen würde:

  1. Keine würde uns wecken (wobei der Große das meist allein schafft)
  2. Keine würde uns ein Müsli zum Frühstück machen.
  3. Keine würde uns zum pünktlichen Verlassen des Hauses anhalten (> Bus wird verpasst und es wird zu spät zur Schule erschienen)
  4. Keine würde uns zum Bus / zur Schule fahren (mit dem Rad wäre der Große mindestens eine halbe Stunde unterwegs und müsste um 5 Uhr aufstehen > Land halt)
  5. Keine würde uns vom Bus / von der Schule abholen (Fußmarsch für den Großen 3/4 Stunde, für den Kleinen mindestens 1/2 Stunde bergauf und beides an einer stark befahrenen Landstraße > Land)
  6. Keine würde mit dem Hund gehen. (> Haufen und Pfützen in der Wohnung; jaulendes, unleidliches Tier)
  7. Keine würde uns zum Lernen für die morgige Arbeit anhalten und helfen.
  8. Keine würde Abendessen machen und ins Bett bringen. (Dann isst man halt Süßkram, guckt Fernsehen bis in die Puppen und daddelt auf Handy und Playstation)
  9. Keine würde die gesamten sonstigen Arbeiten im Haus und die Lohnarbeit übernehmen.

Und klar: all das ist noch pillepalle.

Mir wurde beim Nachdenken heute und in den letzten Tagen klar, dass ich nur streiken könnte, wenn andere Frauen die Care- und Organisations-Arbeit übernehmen würden und dass eine Menge Frauen und Mütter am Großwerden meiner Kinder beteiligt sind. Besonders deutlich wurde mir das vor zwei Jahren, als ich wegen einer Hüftoperation mehrere Monate ans Bett gefesselt war. Meine Mutter, die mein Tagespensum in dieser Zeit zusätzlich zu ihrem eigenen Pensum übernahm, war teilweise regelrecht fassungslos, wie sich der Tagesablauf gestaltete. Eine Haushaltshilfe wurde von der Techniker Krankenkasse erst genehmigt, als ich schon wieder laufen konnte und hinzukommt: ich hätte keine Haushaltshilfe bekommen, die all das hätte machen können, was ich jeden Tag tue (inkl. Fahrten etc.).

Wenn heute außer mir tatsächlich alle Frauen und Mütter streiken würden, würde in der Tat so gut wie nichts mehr laufen. Ich spiele das als individuelle und übertragbare Fantasie mal durch – inspiriert auch von Alus hervorragendem Beitrag von heute morgen.

Ich lege meine Arbeit als Mutter nieder. Meine Mutter wiederum steht ebenfalls nicht mehr zur Verfügung und Freundinnen und Bekannte ebenfalls nicht.

Beide Jungs müssen also zu ihren Vätern umziehen, die beide kein Zimmer für sie haben und nicht auf sie eingerichtet sind. Da die neue Frau des einen Vaters ebenfalls ausfiele, hätte dieser Vater auf einen Schlag 3 Jungs allein zu versorgen neben seiner Berufstätigkeit. Der andere Vater hat auf einmal ebenfalls 3 Kinder in seiner kleinen Singlewohnung – 2 aus seiner vorherigen Beziehung. Gut, der Unterhalt fällt weg. In Kita oder Schule, in Übermittagsbetreuung, Hort oder OGS können die Kinder aber auch nicht gehen, denn auch diese Einrichtungen werden überwiegend von Frauen geleitet und organisiert. Es gibt keine Erzieherinnen mehr, keine Lehrerinnen, keine Schulleiterinnen, keine Betreuerinnen, keine ehrenamtlichen Helferinnen. Veranstaltungen in der Schule fallen komplett flach, weil die größtenteils von Müttern organisiert werden.

Die Folge ist: beide Väter können nicht arbeiten gehen, im Home-Office arbeiten oder müssen ihre Kinder zur Arbeit mitnehmen.

In den Büros herrscht heilloses Durcheinander. Die günstigen, weiblichen Halbtagskräfte, die viel an Organisationskram abgenommen haben, sind nicht mehr da. Unter Tarif bezahlte Freiberuflerinnen, die man bei Bedarf einsetzen konnte, fallen auch flach. Auch die leistungsstarken weiblichen Führungskräfte sind verschwunden und müssen wieder durch die ehemaligen männlichen Chefs mit alten Führungsmethoden ersetzt werden.

Die Kinder spielen derweil an den Computern und nehmen die Büroeinrichtung auseinander. Eines macht in die Hose, eines übergibt sich in die Ecke, das andere hat Fieber und muss eigentlich zum Arzt. Man(n) geht dann zum überfüllten Kinderarzt (Ärztinnen gibt es ja auch nicht mehr). Der Arzt kriegt seine Praxis nicht mehr geregelt, weil die Arzthelferinnen nicht mehr da sind. Die Väter gehen also unverrichteter Dinge zur Apotheke, um sich dort beraten zu lassen. Leider haben die meisten Apotheken aber zu, denn in den meisten Apotheken arbeiten Frauen. Väter müssen nun andere, in Care-Arbeit erfahrenere Väter (17%) um Hilfe bitten, was man denn da eigentlich macht, wenn das Kind so krank ist. Da die meisten, von Frauen geschriebenen Elternblogs und Beratungsforen im Internet geschlossen sind, ist guter Rat teuer. Manche versuchen verzweifelt, auf Maskulisten- und Väterrechtler-Seiten um Hilfe zu bitten, schließlich fordern die schon lange 50% am Kind und konstatieren die Unwichtigkeit und Ersetzbarkeit von Frauen und Müttern. Sie müssten sich also eigentlich auskennen. Leider können etliche dieser Männer aber hauptsächlich etwas über Paragraphen sagen. Einige andere sind sich erstmal einig, dass die Mütter es ja immer übertrieben haben mit dem Kümmern und stecken das Kind mit iPad oder Fernseher ins Bett. Wird schon werden. Leider, leider bleibt das Kind aber nicht liegen. Dann müssen vielleicht doch mal andere Erziehungsmethoden her, vor allem bei Jungs.

Die Maskulisten wiederum jubeln die ersten Tage auf, denn sie haben ihr Ziel erreicht, dass Frauen von der Bildfläche verschwinden. Allerdings vergeht ihnen nach ca. 2 Wochen der Spaß, denn nun ist ja keiner mehr da, an dem man seinen Hass ausleben kann (außer vielleicht an den Kindern). Nach etwa einem Monat oder zwei fallen diese also nun gegenseitig übereinander her, weil ihnen nichts besseres einfällt. Mit selbstgebastelten Sexmaschinen lässt sich der angebliche sexuelle und sonstige Überdruck leider ja auch nicht wirklich dauerhaft lösen. Pornos gibt es schließlich auch nicht mehr und Bordelle schon gar nicht. Schade aber auch. Man kann ja dann mal darüber schreiben, wie unmöglich es ist, dass die Frauen einfach gegangen sind. Man(n) wusste es ja schon immer. Die sind so egoistisch. Einige schreiben sich also seitenweise weiter ihren Frauenhass von der Seele, auch wenn da kein Ziel mehr ist.

Übrigens wird es nach ein paar Tagen auch ziemlich stinkig und dreckig überall. Denn: die Putzfrauen fallen ja auch aus – und zwar sowohl die, die in den Haushalten arbeiten, als auch die, die Büros und öffentliche Gebäude sauber halten. Manche Männer versuchen dieses Manko noch über Staubsaugroboter aufzufangen. Immerhin kommt ja noch die Müllabfuhr. Die extrem gestressten und überlasteten Väter kommen dann nachmittags oder abends mit quengelnden, hungrigen und nicht ausgelasteten Kindern nach Hause. Einkaufen hat auch nicht geklappt, denn die Supermarktkassen waren nicht mehr besetzt. Die ein oder andere Imbissbude ist allerdings noch auf. Von der plötzlichen Überlastung als alleinerziehender Vater überfordert, klappen einige zusammen, andere flippen aus, dritte überlassen die Kinder erstmal sich selbst.

Leider kann man(n) jetzt abends nicht in Ruhe vor dem Fernseher oder Computer sitzen und die Nacht wird auch sehr unruhig, weil die Kinder schlecht schlafen. Der Vater, der nach kürzester Zeit unter Burnout leidet und Rücken- und Kopfschmerzen, findet keinen Therapeuten, der ihm helfen kann, da diese komplett ausgebucht sind (die Therapeutinnen, Physiotherapeutinnen und Masseurinnen sind ja ebenfalls nicht mehr da). Die Krankenhäuser und Kliniken müssen auch schließen, weil die Pflegekräfte und Ärztinnen fehlen. Was mit dem pflegebedürftigen Onkel werden soll, weiß auch keiner, denn auch hier fehlt die Pflegekraft und Heime gibt es nicht mehr.

Das kann man jetzt immer weiter spinnen, aber ich denke, es wird deutlich: Ohne Frauen und Mütter läuft nichts, insbesondere dann nicht, wenn Kinder involviert sind.

Und übrigens: nein, ich hasse keine Männer und ja, ich habe bewusst überspitzt.


Ein Beitrag zur Blogparade „Ein Tag ohne mich“ von #femnetz, Hashtag #MeinTagohnemich
Inspiriert von: http://www.grossekoepfe.de/2017/03/meintagohnemich-eine-welt-ohne-frauen.html

Bild: Pixabay; Pexels

 

 

4 Kommentar

  1. Einfach klasse! Ich habe selbst noch nie darüber nachgedacht. Gut, dass du das mal angeregt hast

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