„Und er wird es wieder tun“ Neues Buch über Gewalt in der Partnerschaft von Simone Schmollack

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Die Autorin Simone Schmollack – unter anderem Redakteurin der TAZ – hat ein umfangreiches und wichtiges Buch rund um Gewalt in Beziehungen geschrieben:
„Und er wird es wieder tun – Gewalt in der Partnerschaft“. Erschienen ist das Buch beim WESTEND-Verlag.

Mir ist bisher kein deutschsprachiges Buch bekannt, das so fundiert die Hintergründe und verschiedenen Gesichter von Partnerschaftsgewalt beleuchtet. Dafür bin ich Simone Schmolack sehr dankbar. Denn: Mir fehlte bisher ein aktuelles Kompendium, auf das ich zurückgreifen kann, wenn es um stichhaltige Zahlen und Quellen geht. Da die Autorin nicht nur die Fakten zusammenfasst, sondern auch mit betroffenen Frauen gesprochen hat, entsteht ein sehr plastisches Bild. Auch wenn es ein bedrückendes Thema ist, wird durch die Erfahrungsberichte verständlich, wie mitten unter uns Gewalt zwischen Partnern möglich ist und wie sich diese Beziehungen entwickeln. Das Buch liest sich spannend und flüssig.

Frau Schmollack war es ein besonderes Anliegen mit ihrem Buch betroffene Frauen zu erreichen und ihnen zu vermitteln: Ihr seid nicht allein. Das ist wichtig, damit Betroffene überhaupt den Mut entwickeln, das Schweigen zu brechen und sich Hilfe zu suchen. Daneben kommen viele Experten und Berater zu Wort, die sich tagtäglich mit Partnerschaftsgewalt auseinandersetzen und mit Tätern und Opfern sprechen. Sie schreibt außerdem über die Schwierigkeiten des Umfelds, adäquat mit diesem Thema umzugehen. Gern wird familiäre Gewalt totgeschwiegen oder als Privatsache verharmlost. Mythen, die sich rund um Auseinandersetzungen von Paaren ranken, verhindern einen offenen und reflektierten Umgang.

In 14 Kapiteln geht Simone Schmollack unter anderem auf folgende Facetten ein:

  • Partnerschaftsgewalt als gesamtgesellschaftliches Problem
  • Körperliche Partnschaftsgewalt
  • Sexuelle Gewalt
  • Stalking
  • Psychische Gewalt
  • Digitale Gewalt
  • Zwangsehen
  • Gewalt gegen Frauen auf der Flucht
  • Partnerschaftsgewalt bei älteren Menschen
  • Partnerschaftsgewalt gegen Männer
  • Seelische und körperliche Auswirkungen auf die Opfer
  • Auswirkungen miterlebter häuslicher Gewalt auf Kinder
  • juristische Schwierigkeiten rund um Partnerschaftsgewalt
  • Tipps und Hinweise, wie Opfer den Weg aus der Gewalt finden können
  • Hilfreiche Adressen und Gesetze

Ich würde mir wünschen, dass neben Betroffenen, auch nichtbetroffene Menschen und Politiker, Berater, Richter und Anwälte dieses Buch lesen, um ein besseres Verständnis der Zusammenhänge zu erlangen und im Notfall zu wissen, wie sie helfen oder mit Opfern sprechen können. Das Buch ist ein weiterer wichtiger Schritt für eine umfassende Aufklärung zu Partnerschaftsgewalt, denn – wie Simone Schmollack schon zu Anfang ihres Buches schreibt – „Gewalt kommt in den besten Familien vor“.

Danke an Bernd Spamer vom WESTEND-Verlag für die Zusendung eines Rezensions-Exemplars.


Simone Schmollack:
„Und er wird es wieder tun“
Gewalt in der Partnerschaft
Westend Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2017
240 Seiten
ISBN 978-­3-86489-163-2
Preis: 18,00 EUR / E-Book: 13,99 EUR
Hier bestellen

 

 

 

 


Foto: privat  unter Verwendung des Buchtitels von Buchgut Berlin

4 Kommentar

  1. Das werde ich mir in jedem Falle kaufen, liegt meine „gewalttätige Beziehung“ erst ein paar Monate zurück. Ich habe Gewalt auf vielen Ebenen erlebt, zuletzt die Vergewaltigung und die nachfolgende Angst, als nächste umgebracht zu werden. Augenblicklich warte ich auf die Verhandlung und kann meine psychischen Folgen noch nicht überblicken.
    Besonders schlimm nicht zu verstehen, wie ich den Mann zwei Jahre lang lieben konnte und – trotz der schrecklichen Dynamik – ich immer wieder damit zu kämpfen habe, ihn aus meinem Kopf und die Traurigkeit aus meinem Herz zu bekommen. Für ein weiteres veröffentlichungswürdiges Kapitel habe ich mir vorgenommen zu arbeiten: Opferschutz und die Polizei. Oder anders: Gibt es Opferschutz bei der Polizei? Wie auch immer es formuliert sein müsste: ich habe ihn selten gefunden.

  2. Habe das Buch nicht gelesen, nur darüber gehört. Ich vermute, es ist ein wichtiges Buch.

    Erforderlich ist, dass die Frauen ihr Schweigen brechen – dass sie sich gerade nicht schämen bzw. beschämen lassen für das, das ihnen „passiert(e)“, das an ihnen getätigt wurde, sondern dass öffentlich bekannt, also öffentlich gemacht wird, wie solche Gewalt „aussieht“, wie solche Gewalt verläuft, solche Beziehungen verlaufen, warum Frauen sich häufig dennoch nicht trennen wollen und/oder können, warum Täter geschont und geschützt werden – sogar bzw. gerade durch die Exekutivorgane (Polizei, Staatsanwaltschaften, Richter) und w a r u m das so ist, was sich alles ändern müsste – und: könnte, so gewollt (siehe besonders hinsichtlich Sensibilisierung, Qualifizierung, Weiterbildung der Exekutivorgane).

    Es muss über Vergewaltigungsmythen viel stärker informiert werden wie auch darüber, dass häusliche/Beziehungsgewalt gerade keine „Privatsache“ ist und weshalb sie dies nicht ist und es muss der Zusammenhang zwischen Pornographie, Prostitution, d.h. Frauen-Kauf (durch Männer getätigt), dem einhergehenden Frauenbild ungezählter Männer (rings um den Globus übrigens) und der von ihnen gegenüber Frauen getätigten phyischen, psychisch-emotionalen und sexuellen Gewalt dargelegt/offengelegt werden – deutlicher als bisher.
    Denn all das hängt miteinander zusammen, ebenso, dass es häufig gerade narzisstisch persönlichkeitsgestörte Männer sind, die in solcher Weise Täter werden/wurden/sind – siehe narzisstischer (emotionaler, aber auch physischer) Missbrauch, Misshandlung.

    An anderer Stelle habe ich das etwas ausführlicher erläutert – und mit persönlichem „Beispiel“ unterlegt. Ja: Das ist ebenfalls eine Art von Befreiung – das Sich-Befreien aus der Macht, der Manipulation (!) des Täters, das Zurückgewinnen der eigenen Stärke, des eigenen Selbstwerts, der eigenen Persönlichkeit – durch das Öffentlichmachen dessen, das geschah und durch auch eine Strafanzeige (wenn/wo/soweit möglich) – auch als „symbolischer Akt“, damit die Öffentlichkeit, die Gesellschaft sensibilisiert/aufmerksam wird und damit vor allem andere Frauen („betroffen“ oder nicht betroffen) nachlesen können, was beschädigt worden seienden Frauen weshalb wie „passierte“ – um erkennen zu können, dass betroffene, beschädigte Frauen gerade keine „Einzelfälle“ sind, dass sie nicht selbst „schuld sind“, dass s i e sich nicht verstecken, schämen müssen, wenn möglich: nicht schweigen sollten, dass und warum mehrheitlich Frauen Opfer und Männer Täter sind und dass und warum es mit „Gehen/Trennen“ häufig nicht „erledigt“ ist – vor allem dann nicht, wenn es gemeinsame Kinder und/oder andere Abhängigkeiten … gibt und so lange Jugendämter und Richter (siehe also wiederum die Exekutive) nicht angemessen mit all dieser Gewalt umgeht.

    Auch ist es mit Verurteilungen und Strafen (die meist gerade leider ja nicht erfolgen) alleine nicht getan – sie sind aber trotzdem erforderlich – damit Täter dahingehend bewegt, d.h. erschüttert werden, sich mit ihrem Verhalten auseinanderzusetzen, es letztlich zu ändern (meist ist das nur mit angemessener, professioneller Hilfe möglich, die sie eigeninitiativ häufig leider nicht suchen).

    Und es muss mit etlichen Vorurteilen und Klischees aufgeräumt werden: Nein, nicht jede beschädigte Frau wurde als Kind bereits misshandelt und/oder sexuell missbraucht. Nein, Selbstaufgabe hat nichts mit Liebe zu tun. Nein, man hilft Tätern nicht, indem man sie schützt, schont, ihr Verhalten verharmlost, leugnet, rechtfertigt – und die „Schuld“ bei sich selbst sucht bzw. findet.
    Nein, von alleine wird sich ein solcher Täter niemals „ändern“.
    Nein, (mainstream-) Porno-Sex hat nichts mit Leidenschaft, Intensität, Erfüllung zu tun, sondern mit Macht, Unterwerfung, Gewalt, Misshandlung, Demütigung, Erniedrigung, Entwertung – Beschädigung. Es geht dabei grundsätzlich nie um die Erzeugung und Erfüllung der echten/authentischen Lust der Frau – eigenes, umfassendes Thema wie gesagt. Letztlich hängt es alles zusammen, geht es immer um das Frauenbild und Selbstbild/Selbstverständnis solcher Männer. Und häufig sind diese: Narzissten.
    Ich kann das an dieser Stelle nicht alles einzeln darlegen – es würde zu viel Platz beanspruchen.
    Wer mit all diesen Themen/Bereichen/Phänomenen selbst schon befasst war/ist, für den bzw. die bringen meine Sätze natürlich keine neue Erkenntnis. 😉

    http://kallisti-dichtet-belichtet.over-blog.com/2017/05/ichhabnichtangezeigt-ichhabeangezeigt.html

  3. Es ist ein wahnsinnig anstrengender Prozess sich einzugestehen, was für einer Beziehung man (frau) jahrelang seine ganze Energie geschenkt hat, welche Dynamik, was für nachhaltige Herz- und Gehirn-Verquirlungen entstanden sind, wie lange es gebraucht hat sich einzugestehen, dass Liebe so auf keinen Fall aussehen kann. Weder auf der einen noch auf der anderen Seite.
    Eine weitere große Schwierigkeit sehe ich darin, dass die Frauen nach den Jahren des Zusammenseins mit einem gewalttätigen Partner völlig kraftlos sind. Der Gang zur Polizei ist eine Sache, doch das Warten auf die Verhandlung, das Aushalten der vielen Fragen im Vorfeld, die z.T. die Frau in die Rolle der Täterin schieben („Was haben Sie denn mit dem gemacht, dass er nun auch noch Ihr Auto zertrümmert hat?“), zu schlechten Zeitungsartikeln zusammengeschusterte Berichte im Käseblatt inklusive meines Straßennamens nach dem letzten Vorfall (auch hier herrscht eine totale Unkenntnis zu dem Thema), das Erinnern – und letztlich der Prozess, wo der Täter nur wenige Meter entfernt sitzt und der Gegenanwalt Fragen stellen darf, die ohne Kraftdepot für die Wochen danach die Seele erst einmal wieder „ausknocken“ werden. Seitens des Gerichts wird es – so ist es jedenfalls in meinem Fall – nicht gerne gesehen – „unterstreicht“ nicht meine „Glaubwürdigkeit“ – wenn die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Wo die „Öffentlichkeit“ in einer kleinen Gemeinde Menschen aus dem Ort oder eben auch ganze Schulklassen sein können.
    Nicht wenige Male habe ich mir in angsterfüllten und energielosen Momenten gewünscht, ihn nicht angezeigt zu haben. Vom Verstand her weiß ich natürlich, dass es der richtige Weg ist. Doch das tiefe Loch, was dann erneut folgt, ist natürlich ganz klar vorprogrammiert.
    Juristen, Polizisten, Redakteure – hier sind Zwangsfortbildungen zu dem Thema nötig, die aber natürlich keinem der Beteiligten die entsprechende Empathie für das Thema implantieren können.
    Inzwischen halte ich „Zwangstherapien“ für gewalttätige Männer gut, denn die allermeisten werden ganz sicher keinen Therapeuten aufsuchen. Oder vielleicht die Narzissten. Die sind aber oft so geschickt, dass sie den Therapeuten unter Umständen manipulieren können.
    Auch wenn durch Zwang selten etwas geschieht, birgt es meiner Meinung nach doch eine kleine Chance, dass wenigstens ein kleiner Prozentsatz von einem Teil der gewalttätigen Männern hierbei in die eigene Problematik eintaucht.
    Ich selbst habe vorher keinerlei Gewalterfahrungen gemacht, weder in meiner Kindheit, noch in einer vorherigen Beziehung. Mein Ex-Freund hingegen wurde als Kind verprügelt und von seiner Mutter missbraucht. Narzisst ist er nicht, aber ein Mensch, der ein schlechtes Selbstwertgefühl hat, Alkoholiker ist und seine Traumata weitergibt. Bestimmt auch ein Borderline-Patient.
    Was auch immer: er gehört bestraft für das, was er getan hat.

    • Ja, das hast Du ganz richtig erkannt. Fühl Dich umarmt. Schlimm, was Du da durchmachst. Ich finde auch, dass es Täterprogramme geben sollte, die neben einer Strafe verpflichtend sind. Außerdem halte auch ich die Schulung von Therapeuten, Polizisten, Richtern, Anwälten und anderen Beratern z.B. am Jugendamt für äußerst wichtig. Danke für Deinen langen Kommentar, Lemme. Und ja, er gehört bestraft.

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