Sorgerechts-Spielplatz Ein Rant

InAlleinerziehend, Kinder, Partnerschaft, Patchwork, Trennung
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Dies ist eine Fiktion. Jegliche Ähnlichkeit mit echten Vätern, Müttern und ihren Kindern ist rein zufällig. Väter- und Mütterrechtler bitte Rechte-Brille abnehmen oder weitergehen. Die Rollen „Papa“ und „Mama“ dürfen – je nach Belieben – getauscht werden.

Sitzen zwei Scheidungskinder mit ihren Eltern auf dem Spielplatz.

Charlotte (9): Eberhard! Du sollst der Luise nicht den Sammy (6) wegnehmen.

Eberhard, (40; stampft auf): Ich will aber den Sammy. Ich habe zuletzt vor zwei Wochen mit ihm gespielt. Jetzt bin ich mal wieder dran. Das hat er mir versprochen.

Luise (35, Tränen in den Augen): Gib mir jetzt sofort den Sammy! (Zerrt an Sammys einem Arm) Dem geht es bei mir viel besser und Du hast keine Ahnung, wie man richtig mit Sammys spielt.

Eberhard (zerrt an Sammys anderem Arm): Doch, ich weiß, wie man mit Sammys spielt. Ich bin schließlich auch ein Junge. Und Jungs geht es mit Jungs viel besser. Sonst werden sie so weich wie ein Mädchen.

Charlotte (beruhigend): Passt mal auf. Wenn Ihr Euch nur um Sammy streitet, nehme ich den jetzt mal zu mir. Wir setzen uns in einen anderen Teil des Spielplatzes. Wenn Ihr Euch wieder vertragen habt, sehen wir weiter. (Beide Kinder Hand in Hand ab)

Luise: Eberhard, das ist so doof von Dir. Ich bin doch die Mutter. Ich weiß, was das Beste für Sammy ist. Du hast überhaupt keine Ahnung.

Eberhard: Ist mir doch egal, was Du denkst. Du bist doch nur so ein blödes Mädchen und Du hast keine Ahnung von Jungssachen. Außerdem ist es mein Recht mit Sammy zu spielen. Ich bin der Vater und schließlich hat der liebe Gott uns beiden vor 6 Jahren Sammy geschenkt.

Luise: Aber Du machst doch fast nichts mit Sammy. Jeden Tag mache ich das Essen. Ich kümmere mich um ihn, wenn er krank bist, während Du in Deinem Büro spielen gehst. Du rufst noch nicht mal an zwischendurch.

Eberhard: Das liegt an Dir, dass ich nichts mit Sammy mache. Du redest schlecht über mich mit ihm.

Luise: Stimmt gar nicht.

Eberhard: Stimmt wohl. Du bist eine Lügnerin und Du merkst es noch nicht mal. Außerdem: ich muss immer einen Teil von meinem Taschengeld für Sammy abgeben. Das ist gemein! Und wenn ich für Sammy bezahle, dann will ich auch was dafür haben. Sonst ist das total ungerecht.

Luise: Sammy funktioniert aber nur teilweise über Geld. Ich habe das letztens ausprobiert. Da habe ich ihm ganz tolle, neue Spielsachen gekauft, aber er war trotzdem nicht zufrieden. Ich glaube, das Geld ist ihm egal.

Eberhard: Mir ist das aber nicht egal. Ich spiele hart für mein Geld. Außerdem habe ich nicht viel Zeit und wenn ich meinen Papa-Tag habe, dann will ich den Sammy haben, egal was er will. Das ist mein Recht. Und übrigens: Was kann ich eigentlich dafür, dass Sammy da ist? Du hättest doch die rosanen Pillen schlucken können. Und dann wolltest Du nicht mehr meine Freundin sein. Und jetzt willst Du den Sammy nur für Dich haben. Du bist Schuld. Ihr Mädchen seid sowieso doof.

Luise: Nein, Ihr Jungs seid doof.

*Handgemenge* *Unverständliches Rumgeschrei*

Charlotte: Ich finde es so traurig, wie sie sich streiten. Ich mache mir wirklich Sorgen um sie. Was können wir nur besser machen?

Sammy: Ich glaube, es ist meine Schuld. Aber ich fühle mich eben bei Mama mehr zu Hause. Da wohnen meine Kumpels um die Ecke. Papa ruft ja so gut wie nie an und kümmert sich kaum um mich. Ich kann dann nicht plötzlich auf Papa-Programm umschalten, wenn er kommt. Ich möchte ein entspanntes Wochenende zu Hause haben.

Charlotte: Sammy, „zu Hause“ darfst Du doch nicht sagen. Sonst ist immer einer von ihnen traurig.

Sammy: Mir wäre es lieber, wenn ich selbst sagen könnte, wann und wie lange ich zu Papa will. Ich habe ja sowieso schon einen vollen Terminkalender.

Charlotte: Aber dann kommen die beiden gar nicht mehr zurecht. Du weißt doch: sie brauchen klare Zusagen und Regeln. Sonst flippen sie aus.

Sammy: Du hast Recht. Wir überlegen gemeinsam, wie wir eine vernünftige Lösung für die beiden finden. Dann darf ich halt nicht traurig sein, wenn einer von beiden weg ist. Das tut ihnen nicht gut.

Charlotte: Ja, wir müssen uns viel mehr um sie kümmern.

Andere Szene

Birgit (10) und Laurenz (12) sitzen mit zwei großen Rucksäcken auf einer Bank.

Birgit: Mensch, Laurenz! Ich komme immer durcheinander. Zu wem gehen ich jetzt nochmal gleich nach Hause?

Laurenz: Na, zu Deinem Papa.

Birgit: Ach ja. Letzte Woche war ich ja bei Mama. Ich habe das schon ganz vergessen. Mist, jetzt habe ich mein Buch da vergessen.

Laurenz: Dann liest Du es eben in einer Woche weiter. Ich gehe gleich zu meiner Mama. In drei Tagen bin ich dann wieder bei Papa.

Birgit: Ist ja wirklich nett, wie meine Eltern da im Sandkasten zusammen spielen, oder?

Laurenz: Ja, sie finden es wahrscheinlich jetzt gerecht verteilt mit Dir. Das geht meinen Eltern auch so. Es ist ja auch nicht fair, wenn wir größtenteils bei einem Elternteil leben oder sogar nur wenig beim anderen Elternteil sein wollen.

Birgit: Ja, Du hast Recht. Gerechtigkeit ist ganz wichtig. Mir ist jedenfalls wichtiger, dass es meinen Eltern gut geht, als dass es mir gut geht. Ich kann auf manche Freunde und Hobbies gut verzichten.

Laurenz: Bescheidenheit ist eine Zier. Ich tue auch alles für meine Eltern. Als Kind gehört man schließlich beiden Eltern. Außerdem ist es total aufregend und spannend alle drei Tage umzuziehen.

Birgit: Aber weißt Du, manchmal würde ich viel lieber ein paar Tage länger bei Papa bleiben, weil da eine nette Freundin nebenan wohnt.

Laurenz: Das geht ja gar nicht! Da bringst Du die ganze Terminplanung durcheinander. Außerdem müsstest Du dann beim nächsten Mal auch ein paar Tage länger bei Deiner Mama bleiben. Sonst ist sie traurig. Und es wäre wieder nicht gerecht.

Birgit: Ja, Du hast Recht. Die Schule, die ich gut gefunden hätte, konnte ich auch nicht besuchen. Die wäre für Mama zu weit gewesen.

Laurenz: Meine Mama hat ein tolles Jobangebot in einer anderen Stadt bekommen. Die Stadt finde ich auch toll. Da darf sie aber nicht hin, außer sie verzichtet auf mich. Papa hat ja auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Der lässt mich auf keinen Fall mitgehen. Finde ich gut. Das mit dem Hartz IV ist meine Mutter ja schon gewohnt.

Birgit: Also, ich finde auch gut, dass mein Papa nicht zugestimmt hat, dass ich eine Therapie mache. Ich habe doch keine wirklichen Probleme. Das hat mir Mama nur eingeredet. Ich habe mir letztens überlegt, dass ich in einem Jahr am liebsten nur noch bei Papa leben würde. Meinst Du, das kann ich ihnen sagen?

Laurenz: Ne, lass das mal lieber. Das gibt nur Streit. Außerdem haben wir da nicht mitzubestimmen. Wir sind ja nur die Kinder. So, dann wollen wir mal. Rufst Du mal Deine Eltern? Ich muss meine noch aus der Arbeit abholen.

Birgit: Du hast Recht. Marianne, Herbert, auf geht’s!

Marianne (38): Och schade. Wir haben grad so schön gespielt.

Herbert (42): Komm jetzt tu mal, was Deine Tochter gesagt hat. Nächste Woche darfst Du sie ja dann wieder haben.

Unter einer Trennung, den Auseinandersetzungen ihrer Eltern und den Folgen für ihren eigenen Lebensablauf leiden insbesondere die betroffenen Kinder. Von ihren Eltern unbemerkt übernehmen sie Verantwortung für die Situation und nehmen vieles in Kauf. Bei all den Diskussionen um die Rechte der Eltern und eine gerechte räumliche und finanzielle Verteilung der Kinder wird dies gern vergessen.

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